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«Wandzeitung» vom 27.2.2017:

Ein Beispiel fürs Campaigning-Lehrbuch:

Hauptaufgabe, Postfach leeren.

Die USR III wurde wuchtig verworfen. Nun läuft die Analyse. Die Pro-Kampagne war ein Beispiel fürs Campaigning-Lehrbuch, wie man es nicht machen sollte: Kaum Inhalte und ein Hauptargument (drohenden Arbeitsplatzverluste), das sich als kontraproduktiv herausstellte, wie eine Befragung ergab. Da verwundert es nicht, dass Kritik laut wird: FDP-Ständerat Ruedi Noser spricht von «offensichtlichen Kampagnenfehlern», SVP-Nationalrat Ueli Giezendanner kündigt an, mit einem Geheimgrüppchen die Economiesuisse-Spitze wegzuputschen und CVP-Nationalrat Markus Ritter beklagt sich: «Ich war einer von achtzehn Co-Präsidenten des Pro-Komitees, aber mir war nie klar, wer die Kampagne eigentlich strategisch führt». Für die bürgerlichen Politiker steht fest: Die Parteien müssten künftig den Lead übernehmen und können das nicht weiter den Verbänden überlassen.

Wer nur ein bisschen Ahnung von Politmechanismen in Bundesbern und Kampagnen hat, stellt fest: Die Analyse ist falsch. Es trifft zwar zu, dass die Pro-Kampagne grottenschlecht war. Entscheidend war aber nicht die Verpackung, sondern der Inhalt: Es war eine überladene Vorlage, die von bürgerlicher Seite und unter Druck ihrer Verbände und Geldgeber im Siegesrausch der eidgenössischen Wahlen 2017 im Parlament gezimmert haben. Und überladene Vorlagen werden von der Stimmbevölkerung bachab geschickt. Das war schon 2003 mit dem Steuerpaket und der AHV Revision so. Und das wird auch 2017 so sein: Mit der USR III und wenn sich in der Frühlingssession der ständerätliche Kompromiss nicht durchsetzt auch die Altersreform 2020.

Realitätsfremd ist die Forderung, dass künftig die bürgerlichen Parteien wieder den Lead übernehmen sollen. Weil sie gar nicht die Mittel dazu haben. Eine bürgerliche Millionenkampagne auf nationaler Ebene funktioniert folgendermassen: Ein (bürgerliches) Kampagnenbüro führt eine Kampagne und schaltet massenhaft Inserate und Plakate.

Finanziert wird dies durch Millionenbeiträge von Verbänden und Unternehmen, Details dazu weiss niemand. Weder die bürgerlichen Politiker, die für ein Co-Präsidium – das eben nichts zu sagen und zu steuern, sondern lediglich zu repräsentieren hat – angefragt werden noch jene, von denen ein Porträtfoto bestellt und denen ein Statement vorgeschlagen wird für Zeitungsinserate.

Die bürgerlichen Parteien wechseln sich mit der «Kampagnenführung» ab, die sich in der Regel aufs Leeren des Postfachs beschränkt. Das dürfte – mangels Geld, Ressourcen und Unabhängigkeit – auch in Zukunft so bleiben. Spielt aber auch keine Rolle. Denn Abstimmungen werden nicht in der Kampagne, sondern bereits im Parlament verloren. Wenn die Bürgerlichen auf Drängen von Lobbyisten Vorlagen einseitig überladen.

Dem Vernehmen nach hat der Arbeitgeberverband unmittelbar nach der USR-III-Abstimmung alle bürgerlichen Parlamentarier angeschrieben und die Order durchgegeben, man solle bei der Altersreform 2020 nicht auf die ständerätliche Kompromissvariante einsteigen. Man wird also schon bald sehen, ob aus der USR-III-Vorlage die richtigen Lehren gezogen wurden. Oder aber das nächste Abstimmungsdebakel aufgegleist wird.


Nicolas Galladé,
27.2.2017, 116. Jahrgang, Nr. 58.

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