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«Wandzeitung» vom 1.12.2014:

Sind Bankräuber Dilettanten, Bankiers Profis?

Von der Reputation der Banker.

Schon 1958 stellte Friedrich Dürrenmatt in seiner visionären Komödie «Frank der Fünfte» eine Bank als kriminelle Organisation auf die Bühne. Als die Bankleiterin ihre Aktionen bereut und vom alten, blinden Staatspräsidenten die Zerstörung ihres Unternehmens verlangt, tilgt dieser mit einem Scheck ihre Schulden – «Die Staatsbank hilft, zahlt deine Gaunerein/ So kommen du und ich am besten weg» – und die Kinder des Bankierehepaars, die dieses in einem Internat für ein ehrbares Leben erziehen lassen wollte, übernehmen nun die Geschäfte und werden sie noch zynischer und skrupelloser als ihre Vorgänger fortführen.

Nicht nur die Banken im angelsächsischen Raum, auch die Schweizer Grossbanken sorgten regelmässig für negative Schlagzeilen; so verurteilte man etwa 2014 die CS wegen ihrer Unterstützung von Steuerhinterziehern zur Zahlung von 2,6 Mrd. $ und die UBS wegen Devisenmarktmanipulationen zu Strafzahlungen von 774 Millionen Franken. Eine wesentliche Rolle bei der Aufdeckung dieser Praktiken spielte die Untersuchung von Chatprotokollen, wobei schon die Namen einzelner von den Händlern verwendeter Chats – «Kartell», «Mafia», «Klub der Banditen» – zu denken geben.

Die Reputation der Bankangestellten ist nicht mehr die beste; in einer 2014 veröffentlichten Umfrage rangieren sie beispielsweise in Spanien mit einem Vertrauenswert von 14 Prozent auf dem vorletzten Platz aller Berufsgruppen, nur noch unterboten von den Politikern: 5 Prozent. Freilich wurden sie auch früher nicht von allen geschätzt: Swift etwa äusserte in seiner Schrift «Ein kurzer Überblick über die Lage Irlands» den Wunsch, «es möge ein Gesetz erlassen werden, wonach in jedem Jahr ein halbes Dutzend Bankiers zu hängen wären», und Dürrenmatt lässt das schweizerische Bankwesen «würdig enden», indem er auf seinem Ölbild «Letzte Generalversammlung der Eidgenössischen Bankanstalt», 1966, zahlreiche Bankiers sich erschiessen und an Lüstern erhängen lässt.

Dabei ist es nicht etwa so, dass von diesem Beruf besonders kriminelle Individuen angezogen würden. Eine Studie der Universität Zürich vom November 2014 ergab, «dass die sozialen Normen in der Bankenindustrie unehrliches Verhalten eher tolerieren». Bankangestellte verhielten sich nämlich in einem Experiment, in dem Unehrlichkeit belohnt wurde, entsprechend unehrlicher, wenn sie zuvor an ihre Rolle als Banker erinnert wurden, am unehrlichsten Investmentbanker und Trader. Als Ursache für dieses Verhalten wurde die stark materialistische Grundhaltung in dieser Branche angesehen.

Wenn der Sozialstatus vor allem vom finanziellen Erfolg abhängt, warum sollte man da nicht durch Devisenkursmanipulationen einerseits gute Ergebnisse für die Bank und anderseits selbst Boni bis zum Siebenfachen des Fixlohns erzielen wollen? Die Studienautoren hoffen auf eine Veränderung der Unternehmenskultur durch die Einführung einer Art «hippokratischen Eides» für die Banker, was allerdings durch Ethiktraining und finanzielle Anreize unterstützt werden müsse. Na ja ...


Herbert Danzer,
1.12.2014, 113. Jahrgang, Nr. 179.

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Standpunkte:

2.12.2014, 16:46 Uhr.

Pierre-François Bocion schrieb:

Wer hat eine Reputation? Wer ist reputierlich – sprich auf deutsch angesehen, ordentlich, verlässlich? Die Frage, wer ein Sachverständiger für Moral ist, kann ich beantworten, seit ich die Winterthurer «Wandzeitung» lese. Die meisten Schreibenden dieses Presseproduktes. Wer ist konstruktiv, lösungsorientiert?


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