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«Wandzeitung» vom 3.2.2018:

Vom Geld zum Geld:

Fuck you Göthe.

"Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles. Ach wir Armen!" (1808, Faust). Nicht nur alles, sondern ALLE. In der Eulachhalle waren am vorletzten Wochenende rund 1500 Menschen, die mehr verdienen wollen: zum Gelde drängt es sie. Und natürlich zum dem Manne, der dies möglich machen soll: zu Jürgen Höller. Der Mann, der mehr verdient als Sie und ich. Der Mann, der behauptet, dass ALLE Verkäufer sind, ausnahmslos: auch die Physiotherapeuten, die Ärzte, die Lehrer, die Psychologen (das ist die Originalaufzählung von Mr. Höller.) Und er garantiert den Seminarteilnehmern eine Verdoppelung ihres Umsatzes.

POWER-DAYS, so hiess die Veranstaltung in den Eulachhallen. Wer mit einem Lamborghini vorfährt, muss bestimmt einiges drauf haben, und das hat der Jürgen Höller auch. Nur ganz wenig störend war es dann, dass in regelmässigen Abständen Eigenwerbung bis zum Erbrechen gemacht wurde. Auch dass die Besucher der Power-Days etwa zehnmal auf biographische Details des Dozenten hingewiesen wurden, musste man klaglos ertragen. Dass er vor einigen Jahren 6.6 Millionen Euro Schulden hatte und sich wieder aufgerappelt hat, dass er wegen Konkursbetrugs im Knast sass, das haben wir bis zum geht nicht mehr erfahren. Pikant war da allerdings der Bezug zur Schweiz: ausgerechnet hier hatte er 300 000 Euro parkiert, die er im Konkursverfahren nicht angegeben hatte. Sonst machte Höller eigentlich nicht den Anschein, vergesslich zu sein. Unter Bescheidenheit leidet der Mann auch nicht.

Fans, das waren ausnahmslos alle Besucher (nur ich selbst war da ein bisschen zurückhaltend). Erstaunlich war, was man mitmachen musste oder durfte: vom rhythmischen Klatschen und Johlen bis zur Massage der Nachbarn (oder der Nachbarin ...). Man kann geradezu von einer Massenpsychose reden - ich kam mir manchmal vor wie in einer Sekte, und gegen Schluss kam mir sanft der Gedanke, dass die Welt schon einiges früher von solchen Massenphänomenen gewusst hat. Leider.

Der Mechanismus ist ganz einfach: begeistern, aufheizen, machen. Interessant war der Hinweis des Referenten bezüglich Nichmitmachern: "Gib dem faulen Nachbarn mit dem Ellenbogen einen Stoss in die Rippen!" Nun aber doch noch einiges Gutes, wenn auch nicht Neues:

Höller betont, dass ohne Begeisterung, ohne Enthusiasmus gar nichts läuft, dass Jammern und Klagen nichts bringt, und vor allem, dass man seine Komfortzone verlassen muss, wenn man etwas erreichen will. Dass positives Denken nicht schädlich ist, aber auch nichts nützt, wenn es nicht in positive Handlungen mündet. Das Workbook, das jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin gratis erhalten hatte, ist gut gemacht und enthält gute Tipps.

Wie Höller sein Geld macht, blieb kein Geheimnis. An 5-Tage-Seminaren zum Preis von satten CHF 4000 sind jeweils 180 Teilnehmer eingeschrieben. Sie sind immer ausgebucht. Rechne: 180 mal 4000 geteilt durch 5: 144 000 pro Tag, macht etwa 18 000 pro Stunde. Klar, das ist eine Milchbüchlirechnung, da gibt es ja noch Spesen und Auslagen ...

Klar ist auch, dass ich bis jetzt etwas falsch gemacht habe. Und mein heisser Tipp für Sie: Raus aus der Komfortzone, rein ins Höller-Seminar!


André Bernhard,
3.2.2018, 117. Jahrgang, Nr. 34.

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