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«Wandzeitung» vom 3.3.2018:

Muss es Wels sein?

Welser Möst und van der Rohe.

Wer kennt Franz Möst? Niemand. Oder wer kennt Ludwig Mies? Ja, den Franz könnte man noch kennen, ich kenne einige Franzen, den Möst in dieser Form jedoch nicht so sehr. Ludwig Mies? Tönt mies, oder? Mies war ein aufstrebender deutscher Künstler, und er dachte, mies, das macht sich schlecht. Also änderte er den Namen in Mies van der Rohe. Mir war der Ursprung dieser Wandlung bis vor kurzem nicht bekannt, ich wusste von Ludwig Mies van der Rohe nur, dass er auf der Höhe seines Ruhms, so in den fünfziger Jahren, eher von den USA aus operierte, und da kann man ja unter ganz verschiedenen Namen auswählen um berühmt zu werden.

Von Mies wusste ich nicht so viel, dass er einer der berühmtesten Architekten unserer Zeit war, habe ich erst später herausgefunden. Von ihm wusste ich lediglich, dass er einen "Barcelona-Stuhl" entworfen hatte. Dass er auf einer Deutschen Briefmarke war, erfuhr ich nur, weil mein Vater Briefmarkensammler war. Die Crown-Hall in Chicago und die neue Nationalgalerie in Berlin sind ebenfalls Bauten von ihm. Ausser dem Barcelona-Stuhl gibt es noch den Barcelona-Pavillon, das war 1929 der Pavillon des Deutschen Reichs an der Weltausstellung in Barcelona, ein Pavillon, der eben von Ludwig Mies van der Rohe entworfen worden war.

Aber warum "van der Rohe"? Tönt ja ein wenig umständlich, aber "van" ist natürlich fun. Der Grund ist naherliegender und einfacher, sogar nachvollziehbar und logisch: Ludwig Mies´s Mutter war eine geborene van der Rohe. So einfach!

Bei Franz Möst ist es noch einfacher. Eigentlich heisst der Franz genau genommen Franz Leopold Maria Möst - erinnert andere Österreicher wie Wolfgang Mozart, der eigentlich viel komplizierter hiess: Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart.

Aber eben: Franz Möst gabs einige, und um sich von denen zu unterscheiden, beschloss unser Franz seine Herkunft zu betonen: weil er aus dem oberösterreichischen Wels stammte. Der Wahrheit zuliebe sei gesagt, dass es nicht Franzens eigene Idee war, sondern jene seines Mentors Andreas von Benningsen, der fand, dies sei eine Hommage an die Stadt, in der er aufgewachsen sei. Und unter diesem Namen, Franz Welser-Möst, hat er dann auch einige Zeit in Winterthur und in Lausanne als Chefdirigent gewirkt.

Eigentlich wollte Franz Welser-Möst gar nicht Dirigent werden; auf Rat seines Lehrers Balduin Sulzer studierte er Geige und wollte eine Karriere auf diesem Instrument anstreben. Aber ein Autounfall beendete 1979 diese Pläne, worauf er sich ganz dem Dirigieren zuwandte.

Nun aber ist er, wie einst Mies van der Rohe, in den USA. Seit 2002 sehen wir ihn hier weniger, weil er Chef des Cleveland Orchester ist. Und sein Vertrag läuft vorerst mal bis 2022. Wir werden ihn aber hin und wieder als Gastdirigent im Opernhaus Zürich sehen können, da war er von 1995 bis 2002 Chef.

Die Erfolge der beiden Grossen basieren wahrscheinlich nicht auf Namens-Erweiterung allein. Denn wenn es nur das wäre, würde ich ab morgen Bernard de Clairvaux heissen. Au revoir!


André Bernard,
3.3.2018, 117. Jahrgang, Nr. 62.

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