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Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
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«Wandzeitung» vom 21.12.2014:

Wenn’s um Gleichstellung geht, hilft fordern gar nichts; allein handeln beseitigt die Ungerechtigkeit:

Quoten verhindern die Emanzipation!

Im Journalismus arbeiten augenscheinlich relevant mehr Männer als Frauen, obschon den weiblichen Wesen allemal attestiert wird, sie fühlten sich besonders zur Arbeit mit der Sprache und dem Erzählen hingezogen. Dennoch gibt es auch in dieser Branche viel mehr männliche Vorgesetzte. Jetzt soll in Deutschland die Initiative «ProQuote» 30 Prozent Schreiberinnen und ebensoviele Chefinnen fordern und fördern. Und in der Schweiz reklamieren – völlig unabhängig von unseren nördlichen Nachbarinnen – hiesige Medienteams denselben bescheidenen Frauenanteil. Die männliche Dominanz in der beobachtenden und reflektierenden Branche bewirkt freilich auch eine maskulin geprägte Publizistik und ist deshalb schlicht tendenziös. Und sie vermittelt folgerichtig ein absolut klischeehaftes Frauenbild. Dies 2014!

Kaum zu glauben, dass der erste gescheiterte Emanzipationsversuch der Frauen im 12. Jahrhundert stattfand, und es weitere Kämpfe für die Gleichberechtigung brauchte: etwa während der Französischen Revolution oder durch die – häufig bürgerlichen – englischen Frauenrechtlerinnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Während des Zweiten Weltkriegs entstand in Deutschland die eng mit der Arbeiterbewegung verknüpfte kämpferische Frauenbewegung, die sich europaweit ausweitete. Und: In den Sechzigerjahren brachen Studentenunruhen aus, beziehungsweise eine Studentinnenrevolte, während der die Frauen ihre männlichen Achtundsechziger heftig kritisierten. Sie pochten zurecht auf ihre spezifisch feministischen Anliegen. Bis heute hat es die Gesellschaft tatsächlich erst soweit gebracht, beliebige 30 Prozent Weiblein – 70 Prozent Männlein gegenüber auf Redaktionsstühle zu setzen! Mit dieser Forderung, die keine ernsthafte ist, zementiert das Schreibvolk selbst ein jämmerliches Resultat.

Wie kann ein Mensch auf die Idee kommen, Gleichstellung werde jemals erreicht, wenn man Prozent um Prozent erschnurrt? Es ist doch so, dass jede Quote die Emanzipation verhindert. Und das lässt die Mediengesellschaft vermutlich mit voller Absicht zu. Eine offensichtlich tief verunsicherte «herrliche» Gesellschaft will ihre redaktionellen Männerkontingente zementieren, weil sie sich vor weiblicher Konkurrenz fürchtet! Dies, obschon Wettbewerb fast immer motiviert und jedes Individuum zu absoluten Höchstleistungen antreibt.

Es gibt nichts Einfacheres und Qualitätsförderndes, als dass beide Geschlechter medienmässig im Gleichschritt agieren. Man muss das nur wollen! Jeder Medienmensch kennt nämlich eine Vielzahl von schreibenden weiblichen und männlichen Wesen, hat also auch einen grossen mentalen Fundus an förderungswürdigen Frauen. Genau die müssen nur mal häufiger Ladys berufen. Babbeln bringt gar nichts, nur ernennen bringt Erfolg. So wird etwa Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz, die «Wandzeitung» von 18 Schreiberlingen und 19 Autorinnen realisiert. Und diese gewollte Entwicklung bringt eine wunderbare textliche Vielfalt. C‘est comme ça! Aber ich fürchte halt, dass viele Schreibende beider Geschlechter gar nicht emanzipiert sind, weil sie nicht die gesamte Publizistik im Kopf haben, sondern allein ihre persönliche Eitelkeit.


Guido Blumer,
21.12.2014, 113. Jahrgang, Nr. 199.

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Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.