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«Wandzeitung» vom 7.8.2015:

Die B-Stadt an der Eulach ist stolz auf das B für Bürgerinnen wie Bewohner und für Bäume:

Winterthur ist Klassendenken fremd.

Es mag sein, dass unsere Eulachstadt aus dem Zürcher Blickwinkel als womöglich noch leidlich, aber voll spiessig wahrgenommen wird. Uns Winterthurerinnen und Winterthurer kratzt das partout nicht. Wir sind Winterthur, die Schweizer Stadt mit den absolut zufriedensten Menschen, mit derzeit 109 529 kronenlosen Geschöpfen von der genügsamen wie der ausgeglichenen Sorte. Wir messen uns nicht mit neidvollen oder dünkelhaften Kreaturen. Wir leben gemeinsam mit 12 500 Bäumen im Siedlungsgebiet und mit 826 000 Hünen von belaubten und benadelten Stämmen, in den sieben – die Stadt umgebenden – bewaldeten Hügeln wie den sieben Stadtkreisen ein gesundes und erfülltes Leben. Dass Bürgerinnen, Bewohner und Bäume auf unseren 68,07 Quadratkilometern in einem paradiesischen Öko-Umfeld gedeihen, das macht uns zur stolzen B-Stadt, B steht hier für Bio und seltsamerweise auch noch für einen Berichterstatter aus unserer entferntesten Fremde.

Er ist vom täglichen Anzeiger aus der A-Welt Zürichs, A bedeutet in diesem Fall aber auch angiffiger Schreiber, der vielleicht für den erfolgreichen FC Luzern gerade steht, vielleicht noch für den FC Basel, womöglich auch für den FC Zürich. Ämel für A, sicher nicht B. Nur hat es das Schicksal etwas schlecht mit ihm gemeint, dass er auch noch den bünzligen Fussballclub der B-Liga hier kontaktieren musste, den für Hiesige überaus kultigen FC Winterthur, dessen Liga-B quasi allein den Ball vertritt und dann noch helle Begeisterung. Die kann er für unsere traumhaft schöne Altstadt nicht empfinden. Sie gefällt ihm wohl nicht so sehr, was uns Bünzlis freilich wurscht ist.

Würde sich dieser Mensch, der für unser B eintritt, ein bisschen in der hiesigen Kultur umsehen, würde er erfahren, dass unsere Stadt während des Albanifestes grad noch 100 000 Ansässige mehr zählt. Auch unsere traditionellen Musikfestwochen bringen Mengen von Fremden hierher wie Viktors geniales Casino-Theater, die überaus tolle Fotostiftung Schweiz und Kulthäuser wie das Museum Oskar Reinhart, die Sammlung Oskar Reinhart am Römerholz, die Villa Flora, aber auch das Swiss Science Center Technorama.

Winterthur, beziehungsweise dessen gelassene Inwohnerinnen und Bewohner – schon wieder ein B – wundert sich lediglich ein bisschen darüber, dass ihre Stadt in die Schlagzeilen kommt. Es gibt gewiss keine helvetische Gemeinde, deren Bevölkerung sich so wenig wichtig nimmt wie die unsere, man hat’s hier doch gut, was soll uns an der Neckerei einer Einzelmaske ärgern. Die Gedanken sind frei, auch für offensive Auswärtige. Wir selbst genügen uns. Punktum.

Ah nein! Ich spüre es im Urin, dass ich, der zufriedene B-Mensch, den womöglich mürrischen A-Schreiber dereinst kennenlernen werde, wenn er sich müde durch unsere Gassen schleppt. Aus diesem Kerli mache ich einen überaus zufriedenen A-Winterthurer. Aber voll! Doch ich gebe es zu, dass Eintracht nicht selten die Unwissenheit ist, dass es noch Besseres gibt. Was soll’s, mir ist’s wohl in meiner Haut wie im überaus vielfältigen und klassenlosen Winterthur. Ich kann an einem B überhaupt nichts aussetzen. B kommt bekanntlich von fünfundzwanzig Buchstaben immerhin schon an zweiter Stelle, und das ist schon so was wie das zweite A. Voilà!


Guido Blumer,
7.8.2015, 114. Jahrgang, Nr. 219.

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