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«Wandzeitung» vom 8.4.2015:

Die Gegner des neuen Radio- und TV-Gesetzes wurden mundtot gemacht:

Unheilige Allianz?

Medienministerin Doris Leuthard hat vor einigen Tagen den Abstimmungskampf zur Revision des Radio- und TV-Gesetzes eröffnet, über die am 14. Juni abgestimmt wird. Wenig später schaltete sich Talkmaster Roger Schawinski in seiner Kolumne auf persoenlich.com in die Debatte ein und beklagt die unheilige Allianz zwischen TV-Kritikern, die in Onlinemedien Hass-Kommentare generieren, und der politischen Rechten. Diese Allianz bewirke, dass Fernsehmacher, die sich seit Monaten einem Shitstorm ausgesetzt sähen, tendenziell zurückhaltender, ängstlicher würden, schreibt Schawinski.

Er beschreibt in erster Linie seinen eigenen Fall. Tatsächlich ist Schawinski seit der missglückten Sendung mit Satiriker und Koran-Leser Andreas Thiel mit seinen Talk-Gästen zurückhaltender. Das ist verständlich. Abgesehen davon verwundert seine Haltung. Schawinski war bis vor wenigen Jahren einer der lautesten und meistgehörten Kritiker des subventionierten Rundfunks. Nach einem kurzen Intermezzo beim Schweizer Fernsehen in jungen Jahren, gründete er mehrere Radio- und TV-Sender, wurde zum landesweit bekannten Pionier des privaten Rundfunks. Er hat sich vom Journalisten zum erfolgreichen Medienunternehmer entwicklt, den Grossverlage umwarben, weil sie seine Sender wollten. Dieser Umstand, das Engagement, die Leidenschaft, machte ihn populär. Man hörte hin, wenn Schawinski zum hundersten Mal die verkrusteten Strukturen des mit Gebührengeldern alimentierten Grossbetrieb kritisierte.

Doch dann bekam die SRG 2011 mit Roger de Weck einen gewieften Generaldirektor. Dieser holte flugs seinen schärfsten Kritiker Roger Schawinski ins Boot, gab ihm eine eigene Sendung. Mit der Folge, dass sich Schawinski nun sogar für eine Gesetzesrevision ausspricht, welche die von ihm jahrzehntelang kritisierte Vormachtstellung der SRG noch zementiert. Nachdem er Schawinski nach Leutschenbach geholt hatte, konzentrierte sich Roger de Weck auf Bern, wo man vor Kurzem begann, das Radio- und TV-Gesetz zu revidieren. Parlament und Bundesrat sind der SRG traditionellerweise wohlgesinnt, auch mit der neuen Medienministerin Doris Leuthard kann’s de Weck. Und weil er selber nicht ständig in der Wandelhalle präsent sein konnte, engagierte die SRG ein PR-Büro, das sie fortan in Bern vertrat und das Netzwerk pflegte.

Neben Schawinski sind auch die privaten Radio- und TV-Anbieter ins Boot geholt worden, sie sollen künftig einen deutlich höheren Anteil der Gebühren erhalten. Im Januar hat sogar der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse überraschend seine Position zur Gesetzesrevision – das langjährig vertretene Nein – in ein Ja gekehrt, obwohl die Unternehmen künftig fünfmal mehr SRG-Gebühren zahlen als heute. Das von der SRG beauftragte PR-Büro hat diesen Meinungsumschwung organisiert, die nötigen Kontakte dafür aktiviert.

Das Resultat ist ein politstrategisches Meisterwerk.Tatsächlich gibt es, abgesehen von einigen im Privatsektor angestellten Journalisten und einer Handvoll bürgerlicher Politiker kaum mehr Gegner der Vorlage. Auf welcher Seite besteht nun die von Schawinski kritisierte unheilige Allianz? Das ist eine Frage des Standpunkts.

 


Claudia Blumer,
8.4.2015, 114. Jahrgang, Nr. 98.

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