Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 12.7.2015:

Hitzesonntag:

Musse als Lebenselixier.

Hitzesonntag zu Beginn des Juli. Ein leerer Tag lag vor uns. Was für ein wunderbares Gefühl! Seit ich mein Lohnarbeitspensum massiv reduziert, die darauffolgende Krise annähernd überwunden habe, komme ich langsam wieder in den Genuss der für meine Seele so zentral wichtigen Mussestunden. Wir planten, den 36-Grad-Tag an der Töss zu verbringen, in der Erwartung, dort nicht ganz alleine zu sein, sicher aber ein schattiges Plätzchen zu finden. Die Instrumente nahmen wir im Veloanhänger mit, man weiss ja nie ... Am Reitplatz standen sie schon in Reih und Glied, die Blechbüchsen. Immerhin begegneten und recht wenigen Baug’s (Buebeli aufs Gaspedal), der Reitplatz wird nach wie vor einer eher bescheidenen Bevölkerungsgruppe besucht. Auf dem Kiesweg Richtung Kyburg folgt bald das Fahrverbot für Motorfahrzeuge, ab dann gilt Ruhe, Vogelgezwitscher und wenig Menschen.

Bald schon erreichten wir den renaturierten Teil der Töss, suchten ein Schattenplätzchen, setzten uns zur Kühlung in die Töss und wagten einen kleinen Schwumm in einem der etwas tieferen Becken. Musse pur! Süsses Nichtstun! Das Gefühl der Wärme auf der Haut oder die prickelnde Kühle! Aus dieser Musse heraus ist auch die sinnliche und körperliche Wahrnehmung auf einmal wieder ganz intensiv möglich, was im arbeitsreichen Alltag kaum geschieht. So froh, erleichtert und auch dankbar bin ich einmal mehr, dass mein Erwerbsleben nicht mein ganzes Leben bestimmt, sondern endlich wieder Raum ist für mehr! Wie viel süsse Sinnlosigkeit geschieht in der lustvollen Musse: Der Vater, der mit seinen Kinder einen Steinhaufen aufschichtet, mitten in der Töss, und lustvoll zusieht, wie einzelne Steine wieder weggeschwemmt werden. Die unvermittelten Gespräche zwischen Unbekannten, nur weil beide im kühlenden Nass stehen und geniessen. Der Flusswanderer, der durch das Bachbett schreitet und wohl Stein um Stein unter seinen Füssen spürt. Der Knirps, der auf dem Luftmatratzenschiff von der Mutter zum Vater paddelt. Die Familie, die in trauter Reihe am schattigen Ufer sitzt und je in einem anderen Buch liest. Wir packen die Instrumente aus und spielen ein paar Stücke in die flimmerne Luft, über das Wasser, in diesen friedlichen Tag hinein. Ein paar Velofahrer halten an und hören zu, spenden Applaus, bis der Fluglärm unsere Musik übertönt.

Dann der Weg zurück, schliesslich wollen wir noch ins Theater. Die Strandbeiz im Reitplatz lockt zum Zwischenhalt. Und siehe da: Wir tun sogar etwas für unsere Gesundheit, weil wir ein alkoholfreies Bier trinken. Denn da steht folgendes fett auf der Etikette: ISOTONISCH, VITAMINHALTIG, KALORIENREDUZIERT. Hell begeistert von so viel Blödsinn suchen wir das Kleingedruckte auf der rückseitigen Etikette: «...besteht ausschliesslich aus natürlichen Zutaten ... der isotonische Durstlöscher ... versorgt den Körper mit Lebenswichtigen Nährstoffen. Folsäure und Vitamin B12 fördern zudem den Energiestoffwechsel und unterstützen das Immunsystem. Bereits der tägliche Genuss von 0.5 l ... ist ein wichtiger Beitrag zu einer gesunden Ernährung.» Selbstverständlich haben wir Fritten dazu gegessen, der Gesundheit zuliebe, wegen des Salzhaushaltes im Körper.

 

 


Marlies Bänziger,
12.7.2015, 114. Jahrgang, Nr. 193.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.