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«Wandzeitung» vom 12.10.2015:

Falscher Jahrgang:

Ich will meine Pensionskasse wählen!

«Hast du das gesehen? Du gehörst zur Generation, die voll reinläuft!» Mit diesen Worten drückte mir eine Bekannte den Artikel aus einer Tageszeitung in die Hand. Ich bin 55, es geht um meine Rente. Sie ist 60 und damit in Sicherheit, wegen der Besitzstandsgarantie. Aber der Reihe nach: Die BVK informierte vergangenen Sommer alle ihre zwangsversicherten Schäfchen, dass sie zu unserem Wohle ihr System ändere. Damit wir im Alter doch noch eine anständige Rente erhielten, brauche es Anpassungen, schreibt die Kasse. Ihre Anlagestrategie trägt nämlich nicht wie gewünscht oder geplant.

Anders gesagt: sie arbeiten schlecht oder haben falsch investiert, sich verspekuliert – ihre Anlagen werfen nicht den erwarteten Gewinn ab. Ein Teil des Misserfolgs wird wohl auf die «Frankenschwäche» geschoben, obwohl die ansatzweise vorbei ist, sich der Franken im Verhältnis zum Euro bei 1.10 einzupendeln scheint. Diese Tatsache ist wohl zu neu für die BVK, um sie zum Wohl ihrer Klienten zu verwenden. Nein, die BVK klagt noch über die Kurse zu Zeiten der Parität.

Aber sei’s drum, die BVK-Verantwortlichen organisieren meine Rente neu; klar formuliert: Sie reduzieren meinen Lohn und kürzen meine Rente. Jemand muss ihr schlechtes Wirtschaften ja ausbaden. Das machen wir, die über 100 000 Zwangsversicherten der BVK, ungefragt und unkonsultiert, notabene.

Die BVK ist heute eine privatrechtliche Stiftung. Sie wurde per Volksentscheid vom März 2013 mit einer Mitgift des Kantons von 10 Milliarden Franken alimentiert. Sie wird geführt von einem 18(!)- köpfigen Stiftungsrat, der gut entschädigt wird. Die Korruptionsskandale, bei denen es immerhin um einige zig Millionen ging, sind heute mehr oder weniger vergessen. Noch vor einem Jahr hiess es, nun liege die BVK gut im Kurs. Dies trotz der nationalen Abstimmung 2009, als das Volk gegen Bundesrat und Pensionskassen beschloss, den Umwandungssatz auf 6.8 Prozent zu belassen.

Die Pensionskassen und Versicherungen mit Multifunktion standen damals in der Kritik: Sie sollten intern nach Effizienznassnahmen schauen, statt einfach Renten kürzen zu wollen. Es wurde quasi Eigenleistung gefordert. Ein Überdenken der allzu trägen Strukturen. Vereinfachung von Abläufen. Schlanke Verwaltungen. Interne Sparmassnahmen. Effizienzwettbewerbe, wie es die SBB zum Beispiel kennen. Denn es gibt kein Gremium, das ein Interesse daran hat, dass eine Pensionskasse sinnvoll und effizient arbeitet. Bei den Pensionskassen funktioniert der Markt nicht, denn wir Arbeitnehmenden werden einer Kasse zugeteilt und zwangsversichert. Eine freie Wahl ist unmöglich, obwohl vermutlich gerade dies – freie Wahl der Pensionskasse – das einzige Mittel wäre, diese Verwaltungsmoloche zu effizientem Arbeiten und schlanken Strukturen zu zwingen. Das fängt beim 18-köpfigen Stiftungsrat an.

Immerhin kommt jetzt ein bisschen Wind in die Geschichte, bis hin zu den Gerichten wundert man sich über Vorgehen und Eigenmächtigkeit der BVK. Vermutlich ist das letzte Wort hier noch nicht gesprochen, meine Rente noch immer in einem variablen Bereich.


Marlies Bänziger,
12.10.2015, 114. Jahrgang, Nr. 285.

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