Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 6.1.2016:

Prokrastination im Stadtrat:

Wir warten ...

Gespannt wartete ich darauf, ob unser Stadtpräsident das Kongresszentrums-Projekt mit angehängtem Theater weiterverfolgen würde, weiterhin Geld und Energie in Abklärungen stecken würde, die wohl früher oder später im Sand verlaufen werden, oder ob er die Gelegenheit packt, sich jetzt klar und deutlich davon zu distanzieren und stattdessen die nötigen Investitionen im Stadttheater zu planen. Die Information dazu war auf Ende Jahr angekündigt.

Kurz vor Weihnachten kam der Entscheid. Oder eben auch nicht. Die Botschaft des Stadtrates lautete: «Wir haben uns mit dem Projekt befasst und werden das auch im kommenden Jahr tun.» Ausserdem wurde angekündigt, dass die kantonale Denkmalpflege beauftragt werde, über eine allfällige Unterschutzstellung des Theaters zu entscheiden.

Es wird immer offensichtlicher, dass der Stadtrat sich vor einer scheinbar unangenehmen Entscheidung drückt.

Auf der einen Seite stehen die Handelskammer und die Standortförderung, die das Projekt Theater Plus lanciert haben. Sie versprechen sich Prestige und eine saftige Rendite. Nachdem diese Kreise vor zwei Jahren grosszügig in den Wahlkampf der bürgerlichen Stadtratsmehrheit investiert hatten, fühlt sich diese nun natürlich verpflichtet, ihre Geldgeber glücklich zu stimmen.

Auf der anderen Seite sind die Fans des Stadttheaters. Und das sind nicht wenige. Immer deutlicher zeigt sich, dass die Winterthurerinnen und Winterthurer an ihrem Theater hängen. Als Gastspieltheater mit einem exzellenten Ruf weit über die Region, als architektonischer Leuchtturm der Stadt, als Institution ist das Stadttheater eben nicht einfach nur ein Gebäude, sondern ein Teil unserer Identität.

Dass der Stadtrat seinen Entscheid nun von den Abklärungen der Denkmalpflege abhängig machen möchte, ist reine Prokrastination. («Aufschieben, auch Prokrastination, Erledigungsblockade, Aufschiebeverhalten, Erregungsaufschiebung oder Handlungsaufschub ist das Verhalten, als notwendig aber auch als unangenehm empfundene Arbeiten immer weiter zu verschieben, anstatt sie zu erledigen …», Definition gemäss Wikipedia). Hier wird der Schwarze Peter der kantonalen Denkmalpflege zugeschoben. Es wäre eine elegante Lösung. Wenn sich diese nämlich für eine Unterschutzstellung aussprechen würde (und der Regierungsrat in der Folge diese auch aussprechen würde), wäre das unsägliche Projekt gestorben. Damit wären die Winterthurerinnen und Winterthurer glücklich, und der Stadtrat wäre fein raus, weil er ja nichts dafür könnte. Der Frust der Handelskammer würde sich gegen den Kanton richten.

Es gäbe sehr viele Gründe, sich jetzt klar und deutlich gegen das Projekt Theater Plus zu entscheiden: Es ist unsinnig und verantwortungslos, ein absolut funktionsfähiges, noch nicht einmal 40-jähriges Haus im Wert von 70 Mio, bei dem in den letzten Jahren etliche Investitionen getätigt wurden, die noch abgeschrieben werden müssen, abzureissen. Und es ist völlig klar, dass es kulturell ein grosser Verlust wäre, unser Theater zu einem Anhängsel eines Kongresszentrums zu degradieren.

Man müsste sich also nicht hinter der Denkmalpflege verstecken, um jetzt klar Stellung zu nehmen.


Christa Meier,
6.1.2016, 115. Jahrgang, Nr. 6.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.