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«Wandzeitung» vom 23.9.2016:

Ein Plädoyer für eine liberale Unternehmenskultur (Teil 2):

Der konstruktive Umgang mit der Angst

Eine angstfreie Unternehmenskultur setzt voraus, dass alle einzelnen Mitarbeitenden über alle Hierarchiestufen hinweg subjektiv Angst haben und ihre Befürchtungen offen und frei platzieren dürfen. Wer als Führungskraft eine angstfreie Unternehmenskultur anstrebt, widersteht also der Versuchung, in seiner Unternehmung die Angst abzuschaffen und das «Sich-fürchten-dürfen» weg zu funktionalisieren. Einer Unternehmung ohne Angst fehlt die Sensibilität für die Bedrohlichkeiten in der Unternehmenswelt und für die Brüchigkeit der unternehmerischen Existenz. Dasselbe gilt auch für Verwaltungen und Organisationen jeglicher Art. Eine «angstfreie Unternehmung» befindet sich nach dieser Definition von Prinzipliberal™ in höchster Gefahr; nicht aber eine Unternehmung, in der angstfrei kommuniziert werden kann.

Angstfrei kommunizieren heisst also nicht «ohne Angst zu kommunizieren». Wirklich angstfrei kommuniziert, wer freiwillig und selber verantwortet inneres und äusseres Mobbing, Bossing oder andere Formen der Unfairness wie Mikropolitik oder Führung nach Denkmodellen der Funktionalität geringschätzen kann. Es ist für eine Unternehmung geradezu existenznotwendig, angstfähige Mitarbeitende zu haben und zu fördern. Dazu ist es wichtig, dass die «angstfreie Kommunikation» in den zur Verfügung gestellten Kommunikationsgefässen im Kollektiv und gemeinsam gelingt, um das diffuse Gefühl der Bedrohung in eine konkrete Furcht zu transformieren und so zur Wahrnehmung der konkreten Gefahren für die Unternehmensexistenz zu gelangen.

Der konstruktive Umgang mit angstinduzierenden Verhaltensweisen ermöglicht, dass in einer Unternehmung über alle Hierarchiestufen hinweg jene Gefahren identifiziert werden, die gezielt-offensiv angegangen werden sollen und zu einem gezielt-konstruktiven Umgang mit den Risiken und Fährnissen der Arbeit und Zusammenarbeit führen. Angstfreie Kommunikation ist also ein gemeinsam gelernter Führungsprozess und Dialog.

Wer in seiner Unternehmung die angstfreie Kommunikation gezielt und bewusst als ausserökonomische Bedingung einsetzen will, wird seine Mitarbeitenden niemals bei ihrer Angst packen oder sie an der Leine ihrer Furcht führen. Er wird anderen Menschen aber auch nicht seine eigenen Ängste aufdrängen, gar Furchtobjekte erfinden oder widernatürliche Techniken und Mittel der Gefahrenabwehr anbieten. Nicht nur Führungskräfte, auch viele mir bekannte Berater tappen trotz vieler Bücher, Vorträge und Artikel, Trainings und Seminaren in diese sophistische Gefahrenfalle der Angstkultur. Es sind Formen der Unwissenheit, Gier und Aggression, die oftmals Unternehmen nicht kreativ werden lassen.

Eine wahre liberale Unternehmung zeichnet sich dadurch aus, dass der Einzelne in den dafür vorgesehenen Kommunikationsgefässen wie Klausuren, Jour fixe etc. seine Angst artikulieren kann, also Angst haben und sie aussprechen darf. Es ist meine Absicht mit Prinzipliberal™, die Fähigkeit angstfrei zu kommunizieren in Unternehmungen mittels eines liberalen Angstmanagements wieder salonfähig zu machen, damit der Mehrwert von Unternehmungen auch über ausserökonomische Werte generiert werden kann.

 

 


Heiner Dübi,
23.9.2016, 115. Jahrgang, Nr. 267.

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