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«Wandzeitung» vom 12.8.2016:

Der EM-Sportmoderator auf TV SRF2 sprach beim finalen Fussballspiel zwischen Portugal und Frankreich konsequent von der Grand Nation:

Gaht’s no? Ça va la tête?

La nation, die Nation, das Land. Französisch, weiblich, deshalb wird das Adjektiv vor dem Nomen angepasst. Also La Grande Nation! Und nicht La Grand Nation, wie der TV SRF2-Sportmoderator am Fussball-Finale zwischen Portugal und Frankreich immer wieder sagte, wenn er sich auf Frankreich bezog. Oh je, tat das weh!

Frühfranzösisch hätte einen solchen Fauxpas eventuell verhindert. Ich begrüsse das Bestreben unseres Bundesrates Alain Berset, Frühfranzösisch beziehungsweise Deutsch in den Primarschulen aller Kantone zum Obligatorium zu erklären. Die Entscheidung, ob Frühfranzösisch oder nicht würde den Deutschschweizer Kantonen dann nicht mehr überlassen.

Letztlich hörte ich auf einem Schweizer Radiosender, viele Deutschschweizer seien selten bis noch nie in der Romandie gewesen. Sprachbarriere und Desinteresse sind mögliche Gründe. Wenn sich Frau und Herr Deutschschweizer schon fremd fühlen müssen, gehen sie wohl lieber ins Ausland. Dabei gibt es in der Romandie so viel Schönes und Interessantes zu entdecken. Den Creux du Van zum Beispiel oder Neuchâtel; den Neuenburgersee, der grösste See innerhalb Schweizer Grenzen; Lausanne, die kleine entzückende Metropole; Gruyère, da war ich noch nicht; Montreux mit dem märchenhaften Château Chillon; die rebellischen Jurasser; Genf mit der UNO et cetera. Früher, so erzählt man sich, warfen die Deutschschschweizer von der Schönheit der Westschweizer Landschaft überwältigt ihr Zug-Retourbillett aus dem Fenster, als sie links in Fahrtrichtung die Rebhänge und den See sahen und durch die vielen kleinen zauberhaften Dörfer fuhren.

Was die Frühfranzösisch-Gegnerinnen und -Gegner wohl unterschätzen, ist, dass damit mehr als nur eine Sprache vermittelt wird. Es heisst, man hat so viele Herzen wie Sprachen, die man spricht. Denn mit einer (Fremd-)Sprache werden auch Lebensgefühl und -haltung einer Menschengruppe ausgedrückt. Die Schweiz ist ein Multi-Kulti-Land, und das schon ohne unsere ausländischen Mitbewohnenden. Unser Land birgt einen riesigen kulturellen Schatz: Die Sprach- und Kulturvielfalt, das ist unsere Identität! Diesen Schatz sollten wir pflegen, dazu gehört, dass Frühfranzösisch beziehungsweise Deutsch in den Primarschulen sämtlicher Kantone ganz selbstverständlich zum Pflichtprogramm gehört. Es ist wichtig, dass schon früh ein Gefühl für kulturelle Identität vermittelt wird. Das beinhaltet natürlich, dass Lehrkräfte ihre Schülerschaft nicht nur Verben konjugieren und Vokabeln büffeln lassen, sondern den Kindern einen spielerischen Zugang zur Fremdsprache verschaffen. Regelmässige Besuche in der Romandie beziehungsweise in der Deutschweiz gehören dazu. Attraktive Ausflugsziele gibt es genug, wo die Primarschülerinnen und -schüler ihre erworbenen Sprachkenntnisse anwenden können. Die Schweiz ist eine kleine grosse Nation, weil sie sich in erster Linie – man kann es nicht oft genug sagen – durch ihre grosse kulturelle und sprachliche Vielfalt auszeichnet. Deshalb ist es klug, wenn man Primarschülern die Chance gibt, durch den Kontakt mit einer anderen Landessprache dieses Bewusstsein zu erlangen. La Suisse est une grande nation, elle aussi!


Rosmarie Schoop,
12.8.2016, 115. Jahrgang, Nr. 225.

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13.8.2016, 01:04 Uhr.

Martin Obrist schrieb:

Sì! Oui! Ja!


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