Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 24.5.2017:

Zeit ist relativ:

Ich mochte Einstein noch nie!

Ich muss zugeben ich war nie besonders stark in Physik und die Doku über die Relativitätstheorie und Einsteins Forschungen war mir doch ein wenig zu hoch – und sie war auch extreeeeem langweilig. Doch dass Zeit relativ ist, also keine feste Einheit hat und verschieden lange beziehungsweise kurz sein kann, das habe ich verstanden und kann es auch eindeutig bestätigen. Vor allem in letzter Zeit.

Eine Mathematikaufgabe zu lösen, beispielsweise, das geht Jahre, wenn nicht Jahrtausende. Ich bin mir sicher, ich könnte in der Zeit Städte bauen und Regierungen mit einer selbst angezettelten Revolution stürzen.

Sechs Wochen wiederum, ja, die vergehen kurz. Nein! Die rennen um ihr Leben, als würden sie von einer Horde Büffel verfolgt werden. Und ich bin eine verlässliche Quelle, also nicht für die Sache mit den Büffeln, aber was die Zeit anbelangt. Schliesslich bleiben meiner Schulkarriere noch genau so viel Zeit und ich kann feierlich mitteile: Ich bin noch nicht bereit! Ich bin so wenig bereit, dass meine momentane Lage mit dem Untergang der Titanic vergleichbar ist. Und obwohl man immer sagt, das Ende (welches überraschenderweise durchaus ebenfalls mit dem Untergang eines gewissen Schiffes vergleichbar ist) sei das schönste, wenn es dann mal vor der Tür steht, dann würde man am liebsten die Tür wieder vor der Nase zuschlagen, denn für nichts ist man vorbereitet. Ich würde freiwillig zusätzliche Matheaufgaben lösen, um noch einige schlechte Witze meiner Schulfreundinnen zu hören. Und das muss was heissen, schliesslich sind die Witze echt grauenhaft. Dieses doofe Ende bringt nicht nur einen Abschied mit sich, welcher überraschend stark schmerzt und keiner wirklich will, sondern auch die Herausforderung das erste Mal in meinem Leben mich ausserhalb der Schulumgebung durchzuschlagen. Wie soll meine Zukunft aussehen? Wie finanziere ich sie? Und wie komme ich überhaupt an Geld? Es ist mir wirklich gänzlich unklar, wie Leute so was Wichtiges bewältigen können.

Ich würde alles für wenigstens ein paar zusätzliche Wochen oder Monate geben. Doch das geht wohl nicht. Leider. Denn der Tag wird kommen, an welchem ich plötzlich nur noch rein zufällig an meiner Schule vorbeigehe, ohne einen Gedanken an Tests, Mitschüler oder Lehrer zu verschwenden. Vielleicht werde ich das dann alles vermissen, vielleicht auch überhaupt nicht, weil meine Zukunft so grossartig sein wird. Momentan bin ich jedoch melancholisch und ich werde es noch einige Zeit bleiben. Mindestens sechs Wochen lang.

Das Fazit dieses Textes ist also: Ich hasse es, wenn die Zeit plötzlich anfängt zu beschleunigen und mich dann auch noch zwingt mitzumachen.

 

 


Noëlle Lee,
24.5.2017, 116. Jahrgang, Nr. 144.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.