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«Wandzeitung» vom 7.6.2016:

Der Stadtrat akzeptiert den Volksentscheid von 2012 nicht, zusätzlich 10,5 Polizeistellen einzusetzen!

Was tun, wenn der Miky b(l)ockt?

Nach dem berühmten Märchen: Der Hauptmann von Köpenick, dem Drama in drei Akten von Carl Zuckmayer aus dem Jahr 1931, gibt’s nun 2016 bei uns in Winti brandneu, berauschend und direkt vor unseren Nasen, aber voll fantastisch, eine Tragödie in einem Akt: Die Mikyade von Winterthur. Unser charmanter Miky, Miky, mit dem Mountenbike, rast nämlich Tag für Tag zumindest einmal, amtlich und sportlich – auf dem Zweirad – vom schönsten Semper-Stadthaus der Welt zum etwas beliebigen Verwaltungsmonster auf dem einigermassen eng gewordenen Sulzer-Areal, wo er, der wirklich grosse Chef, seinen Arbeitsplatz bescheiden mit seinem Team teilt. In diesem gut gemeinten Gebäude wird allerdings etwas zu viel gejammert: Winterthur muss jeden Rappen mindestens zweimal drehen, bevor es ihn ausgibt. Bescheidenheit ist unsre Zier, denkt Mike: doch wohler wär’s mir ohne ihr! Denn das Budget 2016 unserer traumhaften Waldstadt liegt präzis bei 1 495 746 301 Franken, also stattlichen 1,5 Milliarden unserer sich im optischen Wandel befindenden Schweizer Fränkli. Während Miky auf der Stadthausstrasse energisch in die Pedale tritt, ohne in Atemnot zu geraten, und ihm der Gedanke durchs Hirn scheisst, äxgüsi, schiesst: Das Volk bin ich und der Stapi bin auch ich. Und nur weil er wirklich ein braver Christlicher ist, kommen ihm in Bahnhofnähe Zweifel obsi. Ist Gott mit mir im Reinen? Die 10,5 dringendst benötigten Polizeikräfte kosten doch lediglich 1,2 Millionen Franken, hirnt er gequält: Ich darf doch als Katholik nicht mit dem Teufel paktieren und es nicht mit allen mir doch so wohlgesinnten Bürgerinnen und Bürgern verderben. Ich muss Wort halten, das Volk hat mich ja zum Stapi gewählt.

Womöglich pustet ihm der Gegenwind arg ins Gesicht und es huscht ein Hauch von Wissen wider besseres Wissen durch seinen Kopf, und er bleibt doch sehr einsam dabei, also stur: Ich will meinen ganzen Mut aktivieren, meine mentalen Kräfte gegen das Volk blasen und für nur einmal die Diktatur ausrufen. Einmal ist keinmal! Miky biegt viel schneller als sonst von der Zürcherstrasse in die Pionierstrasse ein und denkt schmunzelnd: Hm, ausgerechnet unser nun bürgerlich dominierte Stadtrat, der erstmals seit einem Dutzend Jahren wieder mit einem SVP-Mitglied bestückt ist, schlägt vor, bei der Stadtpolizei 1,2 Millionen Franken einzusparen. Die noch nicht aufgestockten 10,5 zusätzlichen Stellen müssen unbesetzt bleiben und wieder gestrichen werden. Aber voll! Dieser Beschluss bescherte doch dem Stadtrat verhaltenen Applaus von links und ein verärgertes Nein von rechts. Kürzlich hat Künzli mit der rechten Gemeinderatsseite, angeführt von der CVP und ohne Unterstützung der GLP, ein Postulat eingereicht mit der Forderung, auf die Nicht-Aufstockung sei zu verzichten. Die Gedanken wirbeln nur so durch Mikys Hirn: Es ist so schwer, mich zwischen ja und nein zu entscheiden.

Und nicht ganz zu Unrecht denkt der Miky, während er salopp vom Velo springt, dass er einen gewaltigen Charmebonus bei der Bevölkerung hat und den sturen Willen der Polizeibefürworter einfach weglächeln kann. Oder doch nicht? Was gibt es Schwereres für einen Berufspolitiker, als zwischen einem Ja und einem Nein zu entscheiden. Ja, ämel mir fällt das Neinsagen wie schon 2012 absolut ring!


Guido Blumer,
7.6.2016, 115. Jahrgang, Nr. 159.

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