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«Wandzeitung» vom 19.3.2016:

Die Berner sind schneller!

Bildung ade?

Unglaublich aber wahr: Die Berner sind für einmal schneller als die Zürcher. Zwar ist es gerade keine Ruhmestat, was da in Bern beschlossen wurde: Alte Sprachen fliegen aus der Ausbildung am Gymnasium raus, und zwar als Schwerpunktfächer: Altgriechisch. Na klar: Wer spricht denn schon Altgriechisch? Und das Neugriechisch brauchen wir bei der gegenwärtigen Lage in Griechenland ja auch nicht, also weg mit dem Griechischen! Dann wird ebenfalls als Schwerpunktfach Russisch gestrichen. Russisch wäre doch vielleicht eine gute Option, falls man mal Herrn Putin treffen würde oder Pussy-Riot (zu Deutsch: Muschi-Krawall) im Originaltext hören möchte. Also: Russisch gibt’s für die Berner am Gymnasium nicht mehr, jedenfalls nicht als Schwerpunktfach. Dann die Musik: Die Lektionsdauer wird auf 30 Minuten gekürzt, das reicht ja bestens für die kurzen Stücke, ich frage mich aber, warum man nicht noch ein wenig mehr sparen möchte: Auf 10 Minuten verkürzt würde nämlich ganz gut reichen, um die Violine auszupacken, zu stimmen und wieder einzupacken. Mehr braucht es eigentlich nicht. Das findet jedenfalls der Zürcher Kantonsrat auch, der gerade am 14.März das Musikschulgesetz, das heisst dessen Durchführung im Kanton Zürich, bachab geschickt hat. Man wollte auf Antrag der Kommission Bildung und Kultur gar nicht darauf eintreten. Die Eltern sollen den Unterricht doch selber zahlen, wenn sie schon das Luxusgut Musik für ihre Kinderchen wollen. Dabei ist es ja ganz klar, das sagen viele Pädagogen und Forscher: Musik hilft für vieles, Musik macht sogar schlau, sagt Lutz Jäncke, unser Neuropsychologe. Dann haben die Berner schon vor einiger Zeit das Gymi verkürzt: Es gibt in diesem Kanton kein Langzeitgymi mehr wie bei uns, sondern nur nur ein Kurzzeitgymi das gerade mal vier Jahre dauert. Ich wollte dem Erziehungsdirektor Bernhard Pulver vorschlagen, dass man doch einfach ein Jahr an die dritte Sek anhängen könnte und dann damit wirklich kostensparend eine Schwachstrom-Matur im Sack hätte. Allerdings ohne Griechisch, ohne Russisch, und fast ohne Musik. So richtig abspecken, was an Kultur und Bildung noch vorhanden ist.

Aber in Bern gibt man sich auf Anfrage bedeckt: Der Herr Pulver wies mich an den Kommunikations-Chef, und der wies mich an die «Tages-Verantwortliche». Und die wiederum – nachdem ich die Bestätigung des Sachverhaltes verlangte, wollte sich «schlau» machen (wahrscheinlich nicht mit Musik ...) und mich innerhalb der nächsten drei Stunden – das sei Standard bei ihnen – informieren, denn sie wisse nicht, ob das alles stimme.

Die NZZ wusste es: Die Campus-Redaktion war bestens im Bild: Die erwähnten Sparmassnahmen sind real! Also die Berner sind schon schnell, da hinken wir in Zürich noch ein wenig hintendrein. Eine Volksinitiative soll von den Musikverbänden aus gestartet werden, um der Musik zu ihrem wichtigen Stellenwert zu verhelfen. Bis die Initiative steht und eingereicht ist, und dann vom Stimmbürger eventuell unterstützt wird, da vergeht leider noch viel Zeit.

Aber Achtung: In Winterthur könnte es schneller gehen: Wir haben nämlich ein städtisches Musikfördergesetz. Mal sehen, was da läuft!

 

 


André Bernhard,
19.3.2016, 115. Jahrgang, Nr. 79.

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