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«Wandzeitung» vom 27.5.2017:

Gemeindereferendum:

Winterthurer Premiere.

Die Kantonsverfassung sieht die Möglichkeit eines Gemeindereferendums vor. 12 Gemeinden oder die Städte Winterthur und Zürich alleine können gegen einen Beschluss des Kantonsrates das Referendum ergreifen und so eine Volksabstimmung erzwingen. Erstmals hat der Gemeinderat der Stadt Winterthur von diesem Instrument Gebrauch gemacht. Eine breite Mehrheit des lokalen Parlamentes hat sich mit 43:13 Stimmen für ein Referendum gegen die Änderung des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen und ist damit dem Stadtzürcher Gemeinderat gefolgt und weiteren Gemeinden.

Dies mit gutem Grund. 2011 haben über 60 % der Zürcher Stimmbevölkerung dafür votiert, dass vorläufig Aufgenommene Sozialhilfe anstelle von Asylfürsorge erhalten. Die Asylfürsorge hat explizit keinen integrativen Charakter, während die Sozialhilfe zum Ziel hat, dass die Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und so Voraussetzungen geschaffen werden, dass sie sich auch beruflich integrieren können. Dies ist bei vorläufig Aufgenommenen eine auch auf Bundesebene verankerte Zielsetzung. Zu Recht. Denn bei vorläufig Aufgenommenen handelt es sich um Menschen, die schutzbedürftig sind. Zwar erhalten sie keine Anerkennung als Flüchtlinge, weil sie nicht individuell verfolgt werden. Häufig handelt es sich dabei um Bürgerkriegsflüchtlinge, aktuell etwa aus Syrien, Irak, Afghanistan oder Eritrea, bei denen eine Rückkehr nicht zumutbar ist. Entgegen der irreführenden Bezeichnung bleiben vorläufig Aufgenommene zu 80 - 90 Prozent dauerhaft hier. Deshalb ist es umso wichtiger, dass bei diesen Personen wie auch bei anerkannten Flüchtlingen die Integration früh ansetzt.

Der Wechsel von der Sozialhilfe zur Asylfürsorge führt nicht nur zu einem massiv reduzierten Beitrag an die betroffenen Personen, sondern auch zu einer Verschlechterung für die Gemeinden. Während bei der Sozialhilfe der Kanton für zehn Jahre die Kosten vollumfänglich übernimmt, erhalten bei der Asylfürsorge die Gemeinden während sieben Jahren eine Pauschale, die die Kosten für Unterbringung und Integration in aller Regel nicht deckt.

Letztlich führt der kantonsrätliche Entscheid zu einer Verschlechterung der Integrationschancen für vorläufig Aufgenommene und zu einer Kostenabwälzung auf die Gemeinden. Die Stadt Winterthur würde eine Annahme dieser Vorlage jährlich wiederkehrend Mehraufwendungen von über einer Million Franken bringen – bei einem steigenden Anteil von vorläufig Aufgenommenen könnte sich dieser Betrag sogar vervielfachen.

Die Stadt Winterthur leistet gemeinsam mit anderen Gemeinden einen grossen Beitrag für ein gutes Zusammenleben in unserem Kanton und für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen. Es ist für uns aber zentral, dass auch auf übergeordneter Ebene gesetzliche Voraussetzungen geschaffen werden, die unsere Integrationsleistungen unterstützen und unsere Aufwendungen angemessen entschädigen.

Damit dies auch in Zukunft gewährleistet ist, haben Winterthur und andere Gemeinden das Gemeindereferendum gegen diese Vorlage ergriffen – und werden sich dafür einsetzen, dass die Vorlage in der Volksabstimmung abgelehnt wird.

 


Nicolas Galladé,
27.5.2017, 116. Jahrgang, Nr. 147.

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