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«Wandzeitung» vom 1.7.2017:

Heisse Tage in Winterthur:

Winti schwitzt.

Der Schweiss tropft auf die Unterlagen auf dem Schreibtisch, das Hemd klebt am Körper, die Krawatte wurde bereits frühmorgens zuhause gelassen. Das Thermometer zeigt an diesem Tag auf dem Höhepunkt 32 Grad. Der Asphalt beginnt weich zu werden. Wer kann, bleibt zuhause oder im klimatisierten oder gut belüfteten Büro. Beim Mittagessen nimmt man eher leichte und kühle Kost zu sich. Auf der Strasse sucht man jeden schattigen Weg, die Kühlung im öffentlichen Verkehrsmittel ist wohltuend und wer die Gelegenheit hat, geht zur Abkühlung in die Badi. Der Glacéverkäufer macht das Geschäft seines Lebens. Kritik am heissen Wetter bleibt leise, denn alles andere als Regen ist besser.

Am Abend geniesst man es, bis spät in die Nacht bei tropischen Temperaturen auf dem Balkon oder auf der Terrasse zu sitzen, denn einschlafen erscheint unter diesen Umständen als eher schwierig. Menschen in südlichen Ländern sind sich solche Temperaturen gewöhnt und haben ihre Lebensart angepasst. Die Siesta in Spanien macht durchaus Sinn. Am heissen Nachmittag arbeitet niemand, dafür länger in die Nacht hinein. Wir, die wir nördlich der Alpen leben, arbeiten hingegen auch bei 32 Grad.

Der Wasserkonsum steigt auf Rekordhöhen. Menschen, Tiere und Pflanzen brauchen an solchen Hitzetagen ein Vielfaches. Trotzdem: Winterthur hat einen so mächtigen Grundwasserstrom, dass man auch weiterhin ohne schlechtes Gewissen den Garten mit dem Schlauch tränken darf, was jeden Abend etwas Zeit in Anspruch nimmt. Neben Wasser spielt auch das Feuer eine Rolle in heissen Tagen. Das Risiko eines Waldbrandes nimmt von Tag zu Tag zu.

Interessant ist die Veränderung, die in unserer Gesellschaft bei solchen Temperaturen zu beobachten ist. Alles wird etwas lockerer. Die fehlende Krawatte wurde bereits erwähnt. Der Veston bleibt im Büro. Sitzungen sind viel kürzer, man beschränkt sich noch mehr auf das Wichtigste und geht mit den Worten sorgsam um. Oder aber man verlegt die Sitzung kurzerhand nach draussen. Die Stimmung ist gelöst und kollegial. Eine gewisse Grosszügigkeit und Nachsicht stellt sich ein, mehr gegenseitiges Verständnis. Am Abend trinkt man in der Gartenbeiz zusammen noch ein kühles Bier und danach zuhause noch ein Glas Wein oder macht sich ein Vanille-Frappé.

Eine gewisse temperaturbedingte Gelassenheit und friedliches, kollegiales Zusammenleben halten Einzug. Einfach ein mediterranes Lebensgefühl. Alles geschieht etwas langsamer, aber stillstehen tut es dennoch nicht. Das Leben in der heissen Stadt geht weiter. So finden Konzerte, Vernissagen, Sportveranstaltungen, Polterabende und Stadtführungen dennoch statt. Wir passen uns den Temperaturen einfach an. Sonnenbrillen und Caps gehören jetzt halt zur Standardausrüstung. So simple ist das. Und es ist unumgänglich, denn das Klima verändert sich. Wir müssen lernen, auch nördlich der Alpen mit mehr tropischen und heissen Phasen sowie starken Regenfällen umzugehen.

Bei aller Arbeitseffizienz, Geschäftigkeit und Fleiss dürfen es einige mediterrane Gefühle sein. Das tut unserer Stadt gut. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine schöne Sommerzeit.

 


Michael Künzle,
1.7.2017, 116. Jahrgang, Nr. 182.

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