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«Wandzeitung» vom 8.9.2016:

Burkaverbot:

Zwangsfreiheit.

In seinem Kommentar für ein Burkaverbot schreibt Eric Gujer in der NZZ, das Zusammenleben zwischen der säkularen Mehrheit und der muslimischen Minderheit in unserem Land führe manchmal zu Problemen, die nach Antworten verlangten. Das Problem ist in diesem Fall die Burka und die Antwort ein Verbot. Für Gujer geht es darum, ein Zeichen zu setzen gegen die systematische Diskriminierung der Frau. Aber kann man mit diskriminierender Symbolpolitik gegen die Diskriminierung der Frau ankämpfen? Müssen wir die Burkaträgerinnen zwangsentkleiden, um sie zu befreien? Neulich sah ich eine Burkaträgerin aus dem Migros am Zürcher Limmatplatz kommen. Da stellte ich mir vor, wie sie von Polizisten angehalten und aufgefordert würde, den Gesichtsschleier zu entfernen. Würde sie damit, um es mit Gujers Worten auszudrücken, nicht auch zum Objekt männlicher Verfügungsgewalt degradiert? Sollen unsere guten Ordnungshüter in Zukunft als Sittenwächter agieren und diejenigen Frauen, die sich hierzulande mit einer Burka auf die Strasse trauen, dazu zwingen, ihr Gesicht zu entblössen? Mit einem Burkaverbot verraten wir unsere liberalen Werte, statt sie zu verteidigen. Wenn Herr Gujer schreibt, es gehe darum, der Ideologie des Hasses keinen Platz in unserer Gesellschaft einzuräumen, dann verkennt er, dass gerade Hass der Hauptmotor und Erfolgsgarant einer Burkaverbots-Initiative ist. Die Befürworter der Initiative geben vor, gegen ein Symbol der Frauenverachtung anzukämpfen, doch die meisten von Ihnen würden jeder Initiative zustimmen, welche die Musliminnen und Muslime in ihrer Glaubensfreiheit einschränkt. Wenn eine rückständige, konservative Kultur den Frauen vorschreibt, wie sie sich zu kleiden haben, dann ist das schrecklich. Wenn eine liberale, aufgeklärte Gesellschaft dasselbe macht, ist es gruselig.

Auch Miniröcke sind ein Symbol männlicher Dominanz und weiblicher Unterwerfung. Vor wenigen Jahrzehnten kleideten sich ausschliesslich Prostituierte so. Heute sind knappe Shorts, Kleider und tief ausgeschnittene Trägershirts weit verbreitet. Ob das Tragen von sexy Kleidung ein angeborenes weibliches Bedürfnis ist, ist genauso ungeklärt, wie die Frage, ob der Gesichtsschleier die tiefe Religiosität seiner Trägerin widerspiegelt. Während wir uns an den paar Dutzend Frauen stören, die in unserem Land eine Burka tragen, schiessen die Waxing Studios, die Frauen für viel Geld und unter reichlich Schmerzen die Körperhaare entfernen, wie Pilze aus dem Boden.

Der Körper der Frau wird sowohl auf der einen wie auf der anderen Seite sexualisiert und objektiviert. Einmal im Namen der Religion und einmal im Namen der Freiheit. Persönlich ist mir Letzteres lieber, zumal auch vertrauter. Doch ein Zwang, der sich unter dem Deckmantel der Freiheit verbirgt, ist tückischer als offen gelebter Fundamentalismus.

 


Anita Blumer,
8.9.2016, 115. Jahrgang, Nr. 252.

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Standpunkte:

16.9.2016, 22:38 Uhr.

Christoph Kramer schrieb:

Liebe Frau Blumer, ich weiss gar nicht wo anfangen, so irritierend und abstossend empfinde ich einge Ihrer Aussagen. Kleidervorschriften wären ein gravierender Verstoss gegen unsere liberalen Werte und gegen unserer Werte der Selbstbestimmung. Da die Burka nicht einfach nur ein Kleidungsstück ist, greift es zu kurz, wenn man die Frage nach einem Burkaverbot als generelle und auch irgendwo lächerliche Frage von Kleidervorschriften verharmlosen möchte. Auch in der Bibel wird der Frau geboten ihre Reize zu verbergen und ihre Haare und ihre Blösse zu bedecken. Die Vorstellung dahinter ist, dass Männer, wenn sie Haare oder Haut einer Frau sehen, diese Frau zwanghaft vergewaltigen oder mindestens belästigen müssen. Ein Mann ist wie ein Tier, er ist zu Respekt gegenüber Frauen nicht fähig. Die Verantwortung, dass eine Frau nicht vergewaltigt wird, liegt bei der Frau. Jede verschleiterte Frau transportiert diese Botschaft. Mich als Mann beleidigt dieses Männerbild, ich finde es widerlich. Glauben Sie allen Ernstes, dass ein Teenager-Mädchen ab 12 Jahren freiwillig einen Schleier trägt? Dürfen wir als liberale Gesellschaft diese Zwänge gegenüber Mädchen und Frauen tolerieren? Nein, dürfen wir nicht, wir lehnen auch andere häussliche Gewalt und zwänge gegen Kinder und Frauen ab. Wie kommen Sie dazu, Befürworter eines Burkaverbotes ihre aufrichtige Sorge um Frauen und Mädchen pauschal abzusprechen und diese zu diffamieren, indem sie ihnen eine Ideologie des Hasses unterstellen? Die Verschleierung von Mändchen und Frauen ist wie Frau Mesahli Keller es sagt, eine Sexualsierung des Alltages für Mädchen und Frauen. Mit dem Schleierzwang wird hervorgehoben, dass das Mädchen nun geschlechtsreif ist und dass es daher mit Schleier geschützt werden muss. Das ist krank, diese ganze Religion ist auf Sex und auf die Gewalt über die Frauen fixiert. Der Vergleich mit den Minröcken ist ein an den Haaren herbeigezogenes Scheinargument. Es gibt keinen Minirockzwang, keine Frau wird von niemandem als Schlampe bezeichnet oder kritisiert, weil sie einen knielangen Rock oder statt enger kurzer lockere lange Hosen trägt. Inwiefern sind Minniröcke Zeichen männlicher Dominanz? Diese bösartige Behauptung müssen Sie bitte begründen. Frauen möchten Männern gefallen und deren Aufmerksamkeit und sie setzen dabei mit gar zu sexy Kleidung selbstbewusst ihre Reize ein. Nun sollen die Männer daran schuld sein, dass Frauen dies tun, weil Männer biologiebedingt auf visuelle Reize ansprechen? Ich bitte Sie inständigst, tragen Sie für eine Woche eine Burka und stellen Sie sich vor, Sie müssen diese ein Leben lang tragen. Dann schreiben Sie wieder darüber. Da Sie Burkas ohne wirkliche Argumente so verharmlosen, könnte man denken, dass Sie einen muslimischen Freund haben. Wenn das so ist, kann ich Sie vor diesem Freund nur warnen, weil er nicht mit Ihnen zusammen für ein Burkaverbot einsteht. Er ist nicht integriert, solange er sich durch Kritik an menschenfeindlichen Vorschriften persönlich angegriffen fühlt.


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