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«Wandzeitung» vom 28.8.2015:

Beide zielen auf den Oktober:

Bischof Huonder und die SVP.

Es gibt sehr viele Parallelen zwischen dem gegenwärtigen Churer Bischof, der territorial auch für den Kanton Zürich zuständig ist, und der Blocher-Brunner-Köppel-Partei.

Beide setzen in der Öffentlichkeit bewusst die Themen: Zur Zeit der ultrakonservative Kirchenmann mit der praktizierten Homosexualität, die ein Gräuel in den Augen Gottes sei und gemäss Bibel die Todesstrafe verdiene, die Rechtsaussenpartei mit eritreischen Wirtschaftsflüchtlinge, die kein Asyl erhalten sollten. Die anderen Bischöfe beziehungsweise Parteien können dann dem zum Leitthema erhobenen Stein des Anstosses nur «hinterherhecheln» mit ihren Stellungnahmen und Distanzierungen.

Beide erfreuen sich so monopolhaft der Medienbeachtung. Kein Bischof, der sein Amt getreu und friedlich ausübt, ist der Presse eine Zeile wert, kein Politiker, der schlicht im Kleinen die Kunst des Möglichen versucht, kommt vor ein Mikrophon oder eine Kamera. Nein, je pauschaler und undifferenzierter die demagogischen Sprüche geklopft werden, sei’s kirchlich, sei’s politisch, desto grösser das Medienecho, desto tosender der Applaus der reaktionären Katholiken in Fulda und der «liebe Fraue und Manne» auf dem Albisgüetli.

Beide appellieren populistisch an niedere Instinkte, die in jedem Menschen diffus vorhanden sind: Auf der einen Seite an die weit verbreitete Schwulenfeindlichkeit, die auf einen instinktiven Abwehrreflex gegen das «Andersartige, Nicht-Normale, Perverse» beruht, auf der anderen Seite an fremdenfeindliche Emotionen und Aggressionen, die von archaischen Ängsten vor dem Unbekannten und primitivem Revierverteidigungsverhalten geprägt sind. Statt dass solchen Tendenzen durch vernunftgeleitete Einsichten Einhalt geboten wird, werden sie durch brutale Hetze angeheizt (Verwendung des Begriffs Todesstrafe, Messerstecherplakate) und schlagen beim Publikum schnell in irrationalen Volkszorn und unkontrollierbare Gewalt um.

Beiden geht es im Grunde letztlich nicht um den Umgang mit Homosexuellen oder Asylsuchenden, sondern man bringt sich in Stellung im Hinblick auf das, was im Oktober bevorsteht: die Bischofssynode zum Thema Ehe und Familie in Rom beziehungsweise die National- und Ständerats-Wahlen in der Schweiz (mit anschliessenden Bundesratswahlen).

Das katholische Kernproblem im Herbst in Rom lautet, sehr kurz zusammengefasst: Gilt das, was als unumstössliche «Lehre der Kirche» behauptet wird, noch, nämlich dass jeder sexuelle Akt (ja Wunsch) ausserhalb einer kirchlich gültig geschlossenen Ehe schwere Sünde ist? Dann sind voreheliches und gleichgeschlechtliches Zusammenleben sowie Wiederheirat nach einer Scheidung «irregulär». Diese Position will Bischof Huonder zementieren. Oder ringt sich die Synode zu einer neuen Sicht durch, die in den verschiedenen Beziehungsformen unterschiedliche Grade, wie der Mensch seine Berufung zur Liebe verwirklicht, wahrnimmt und würdigt? Auch ich bin überaus gespannt, wie sich diese dringend zu führende Debatte in Rom entwickelt!

 

 


Hugo Gehring,
28.8.2015, 114. Jahrgang, Nr. 240.

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