Logo Wandzeitung
Herausgeber: Guido Blumer & Roger Rutz.
Archiv:   Blog:   Echo:   Home:   Kontakt:   Leitbild:   Partner:   Sponsoren:   Twitter

«Wandzeitung» vom 1.11.2016:

Lobeshymne auf das Kantonsspital Winterthur:

Herbstferien unter dem Messer.

Die Ferien sind dazu da, sich zu erholen, zu reisen, Berge zu erwandern, Sonne einzufangen oder – sich einem längst fälligen, kleinen chirurgischen Eingriff im Kantonsspital Winterthur zu unterziehen, obschon damit der Besuch der traditionellen Oktoberfesteröffnung im Teuchelweiher ins Wasser fällt. Nun denn, frühmorgens um 7 Uhr 15 antreten, Zimmer mit einer wunderschönen Aussicht auf unsere Stadt beziehen, Spitalhemd anziehen (Jack Nicholson lässt grüssen), sich bereit halten, Vorbereitungen für den chirurgischen Eingriff erfahren und ab in den Operationssaal. Ich durfte erleben, wie die Prozesse gut laufen, wie alle Handgriffe sassen, sich die Fachleute in die Hand arbeiteten. Gesprochen wurde wenig und ich war weg. Aufgewacht bin ich in meinem Zimmer. Es war noch alles dran, was dran sein muss und ich konnte bewegen, was zu bewegen ist. Von nun an wurde ich nicht mehr aus den Augen gelassen. Das Pflegepersonal prüfte meinen Zustand fürsorglich wie freundlich: Blutdruck, Blutzucker, Körpertemperatur. Die Hotellerieverantwortliche sorgte sich um mein kulinarisches Wohl. In der Spitalbibliothek wurde nach meinem Bücherwunsch gefragt und nach der gewünschten Musik. Die Lernende brachte den «Landboten», die Reinigungsleute desinfizierten das Zimmer, der behandelnde Arzt erkundigte sich über mein nachoperatives Wohlergehen. Dazu kam mein privater Besuch. Ich war rundum gut betreut und versorgt, wofür der Ärzteschaft und dem Personal des KSW grosser Dank gebührt. Noch im Spitalbett liegend, schweifen meine Gedanken zur Gesundheitspolitik. Die Möglichkeiten in diesem Fach und die medizinische Versorgung in der Schweiz sind absolute Spitze. Spitze ist aber auch die Kostenentwicklung, denn die hohe Qualität und Verfügbarkeit ist nicht gratis zu haben. Die Gesundheitskosten hängen vom Wohlstand des Landes ab und die Gründe dafür sind mannigfaltig: Die kostenintensive Forschung und Entwicklung, das gwachsende Alterssegment, der Föderalismus, zu viele Interessen, die gestiegene Anspruchshaltung der Konsumenten und der Leistungserbringer, der Konkurrenzkampf der einzelnen Krankenhäuser, zu hohe Medikamentenpreise, die zu hohe Arzt-, Spital- und Gerätedichte sowie unnötige Untersuchungen, Operationen, Medikamente, Arztbesuche. Lösungsansätze werden bezüglich aller Ursachen gesucht, denn die Kosten – und damit die Prämien – dürfen nicht immer weiter steigen. Neben der Einführung von Fallpauschalen, Leistungsprüfungen und der Schliessung von Spitälern, steckt man schnell in ethischen und moralischen Fragestellungen fest: Wer bestimmt, wenn bei älteren Patientinnen und Patienten gewisse Eingriffe nicht mehr vollzogen werden? Wo verläuft die Altersgrenze? Welche Kriterien sind dafür ausschlaggebend? Bald schon ziehen die Gedanken weitere Kreise: Durch die gute Qualität der medizinischen Versorgung werden wir immer älter. Das immer grösser werdende Alterssegment reduziert unsere individuellen Beiträge aus den Sozialwerken und die Renten der Pensionskassen. Jemand muss unsere Gesundheit und das Älterwerden bezahlen. Im Zimmer liegend ist für mich klar: Momentan sollten keine Abstriche gemacht werden, ich bin gut aufgehoben und schmerzfrei. Mehr will ich nicht – bis zur Bezahlung der Krankenkassenprämien.


Michael Künzle,
1.11.2016, 115. Jahrgang, Nr. 306.

Artikel als PDF downloaden

Zu diesem Artikel wurde noch kein Standpunkt abgegeben.

 

Veröffentlichen Sie als erste Person Ihren

Standpunkt*:

Name:

*Wir freuen uns sehr über Ihre Gedanken zum Text des Tages, bitten Sie jedoch, keine Personen zu verunglimpfen und deren Haltung mit Respekt zu begegnen. Danke schön. Verstösse gegen unser Leitbild werden indes nicht verbreitet.

 

Winterthurs kleinste Zeitung der Schweiz.