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«Wandzeitung» vom 9.9.2014:

Stilpolizeialarm:

Hässlich ist das neue Schön.

Ich erinnere mich noch daran, wie meine Mutter die hautengen Aerobic-Kostüme verabscheute, die sie für den Reigen am Turnfest anziehen musste. Sie sagte, das sei etwas für schlanke Frauen und nicht für sie. Ich war noch klein und interessierte mich nicht sonderlich für den Stil meiner Mutter. Heute irritiert es mich, wenn Leute sagen, sie könnten dieses oder jenes wegen ihrer Figur nicht tragen. Denn ich finde, jeder sollte das tragen, was ihm gefällt.

Durch eine Modekolumne im «Tages-Anzeiger» wurde ich neulich an meine Mutter erinnert. Darin erklärte die Journalistin, warum sie es unklug findet, ein trägerloses Oberteil anzuziehen, wenn Arme und Schultern nicht mehr schön sind. Was soll das überhaupt heissen? Meine Mutter würde ihr bestimmt beipflichten. Sie trägt nicht einmal trägerlos, denn ihre Arme sind mittlerweile nicht nur füllig, sondern auch ein bisschen runzlig, nur ganz wenig. Ich finde aber, dass das ganz gut aussieht und ich sehe nicht ein, warum man alles, was nicht straff und knackig ist, verstecken soll. Dann müsste ich ja nächstens mit einer Burka herumlaufen, denn das fängt bei mir auch schon an: Die Cellulite rutscht vom Hintern immer weiter die Beine runter. Die Lachfältchen bleiben, obwohl ich keine Miene verziehe und seit einigen Jahren habe ich im Sommer jeweils komische Flecken im Gesicht. Eine Pigmentstörung, gegen die man leider nichts machen kann, so die Hautärztin. Muss ich mir deswegen jetzt täglich mit Make-up das Gesicht verkleistern, um meine Mitmenschen nicht mit meinem Anblick zu brüskieren?

Die Antwort ist nein. Weil es auf die inneren Werte ankommt. Ha! So eine Floskel, aber sie stimmt! Da wir ja tatsächlich alle zerfallen, selbst die Schönsten unter uns, müssen wir uns an andere Werte klammern, als an die äusseren. Das heisst nicht, dass es verboten ist, sich zu verschönern, das machen wir ja alle ständig. Aber wir sollten es damit nicht zu streng nehmen und schon gar nicht irgendwelche Regeln aufstellen, wonach gewisse Menschen schulterfrei nicht tragen sollten. Da tun wir so liberal, schütteln den Kopf über religiöse Kleidungsvorschriften, und stellen dafür weltliche auf. Hallo?!

Täglich sehe ich viele schöne oder schön angezogene Menschen, die ich auch bewundere und an deren Anblick ich mich erfreue. Mich faszinieren ultrakurze Shorts sowie bauch-, rücken- und schulterfrei! Das alles macht den Sommer zusätzlich interessant. Dabei können das sowohl knackige als auch schwabblige, runzlige oder hängende Körperteile sein, die in diesen Kleidern stecken, das macht es doch nur noch spannender. Ich freue mich, wenn ich überdimensionale Hinterteile in zu engen Shorts oder Wabbelbäuche in engen Shirts sehe. Da kann ich fast nicht wegschauen. Sie etwa?


Anita Blumer,
9.9.2014, 113. Jahrgang, Nr. 96.

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Standpunkte:

31.10.2014, 04:07 Uhr.

Momo Appenzeller schrieb:

Einfach herrlich! Merci...


11.9.2014, 20:30 Uhr.

Ruth Huber schrieb:

Danke, Anita! Ich gehöre ja zu denen, die nicht mehr ganz jung sind.


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